Predigt vom Pfingstsonntag, 31.5.2020, Göllersdorf von Dr. Michael Wagner
Pfingsten – Das Verstehen können, trotz der verschiedenen Sprachen.
Die Luft als Bild des Geistes Gottes.
Ich lade Sie/lade euch ein, diesem Bild von der Luft, von dem Atem nachzugehen. Der Atem Gottes, der Heilige Geist.
Wenn wir auf uns schauen, dann ist das Atmen die lebenswichtigste Funktion. Ohne Atmung gibt es kein Leben, ohne dieses ständige Aufnehmen und Abgeben.
Es geschieht meistens ganz unbewusst, wie von selbst, in diesem ständigen Empfangen und Abgeben.
Die Luft, dieses unsichtbare Gas, das uns leben lässt, das noch wichtiger ist als Flüssigkeit und Nahrung.
Wenn die Blasmusik heute uns begleitet, dann sehen wir, was in diesem Atem alles steckt, wenn er in die richtige Schwingung kommt.
Aber es ist nicht nur ein physiologischer Vorgang, sondern es ist ein Bild für ganz tiefe geistige Prozesse in denen wir stehen.
Und so schauen wir heute zu Pfingsten auf den Atem Gottes. Gott, der atmet.
Das Bild wird natürlich gesprengt, so wie alle irdischen Wirklichkeiten, die wir auf Gott übertragen. Aber Gott atmet in dem Sinn, dass er aushaucht und einhaucht.
Es ist der Atem, der aus ihm herauskommt und der alles was ist, mit seinem Leben, seiner Existenz beschenkt. Der alles durchweht mit seiner Wirklichkeit, der der ewige Ursprung von allem ist, und der in sich lebt und uns dieses Leben in der Dreifaltigkeit auch zugänglich macht.
Ein uraltes Gebet des Heiligen Augustinus formuliert einmal die Bitte – Atme in mir Heiliger Geist.
Also nicht nur du bist die Luft, sondern du bist der, der atmet. Der Atemreflex, die Atmung selbst, die Fähigkeit Gott aufzunehmen.
Meistens funktioniert ja die Atmung automatisch – anders als bei der Verdauung und dem Herzschlag – auch solche unbewussten, automatischen Lebensvollzüge, ist es bei der Atmung aber so, dass wir sie schon auch ein Stück bewusster steuern können.
Atme in mir und ich versuche auf Gott zu atmen, nicht zu flach, sondern tief genug und angemessen.
Ich atme auch bewusst tief ein und aus – du sollst in mir Wohnung nehmen.
Du mögest doch von deiner Kraft und deinem Frieden schenken, du Geist, der uns durch Jesus geschenkt ist.
Eine sehr schöne Gebetsweise ist das Gebet mit dem Atem. Man hat auch gesagt, das Beten ist das Atmen der Seele.
In alten Gebetshinweisen heißt es, wenn man anfängt zu beten, soll man einen Seufzer machen, dann soll man gscheit ausatmen, damit man auch einatmen kann.
Offen zu werden, die Spannungen, die Sorgen loslassen, sich übergeben, um neu gefüllt zu werden mit einem anderen Geist.
Oder im Rhythmus des Atmens ein Wort immer wieder wiederholen damit es seine Kraft entfalten kann, dass es in die Tiefe eindringen kann.
Wer Psalmen betet in der Gemeinschaft, merkt, dass das so ist oder beim Rosenkranz, in einen Rhythmus kommen, der in die Sammlung führt, in die Tiefe des Herzens.
Aber die Atmung ist immer wieder auch bedroht. Es gibt die Luftverschmutzung, es gibt Atemstörungen, Atmungsaussetzer, es gibt das Asthma der Seele.
Und ist es nicht ein Symbol, dass das Coronavirus, das uns die letzten Wochen so beschäftigt, gerade die Atmung betrifft, ja die Lunge bremst und zerstört.
Und es gibt wohl auch so geistige Viren, die es verhindern, den Atem Gottes aufzunehmen und zu übernehmen, seine Art zu denken, seine Art zu fühlen, die Welt, uns selbst und unsere Mitmenschen zu sehen.
Und dieses geistige Corona ist allerdings genauso ansteckend – das Misstrauen, die Angst, Resignation, das Festhalten müssen, das Verkrampfen, die Weigerung zu geben.
Zu Pfingsten feiern wir, dass Jesus, der Auferstandene uns anhaucht mit seinem Geist, mit seiner Weise die Welt zu sehen, er lüftet sozusagen. Wir sollen auch die Räume immer wieder lüften, dass die Viren wieder raus können.
Er lüftet mit seinem Geist und er schenkt uns diesen Geist nachdem er durch das Leiden und den Tod durchgegangen ist.
Es ist ein Geist, der alles umfassen kann, der alles durchdringen kann.
Und diese Gabe des Heiligen Geistes ist, das haben wir im Evangelium so stark gehört, der Friede. Das erste was uns da zugesagt ist, ist Friede, Gelassenheit, Versöhntheit mit uns.
Das zweite – es ist ein Geist der Gemeinschaft, das Miteinander, auch der Versöhnung. Der Geist Jesu führt zusammen und hält uns zusammen und ermöglicht das Miteinander.
Und es ist ein Geist, der uns nach außen schickt. „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch„, sagt er, sagt Jesus.
Es ist ein Geist, der uns auch auf andere Menschen aktiv zugehen lässt.
Der uns auf das zugehen lässt, was schwierig ist, auf die Not. Ist es da nicht jetzt auch Aufgabe hinzuschauen, wer jetzt von dieser Krise besonders betroffen ist.
Manchmal hab ich das Gefühl, das ist so versteckt. Wer kennt jemanden, den es betrifft und wie können wir da einander beistehen?
Es ist ein Geist, der uns auch die Sorge um die Welt anschauen lässt. Die Sorge um die Klimaveränderung in verschiedensten Bereichen.
Und so bitten wir, dass dieser Geist Gottes in uns ankommt und dass wir aus diesem ständigen Verbundensein mit Gott, diesen Frieden leben, Gemeinschaft schaffen und einen Blick für die Not haben und bereit sind, einen ersten Schritt zu setzen.